Pädagogische Handlungsfelder schulischer Tierhaltung

Die pädagogischen, Möglichkeiten, die sich aus der schulischen Tierhaltung und Gartenarbeit ergeben, gliedern sich in die unten aufgeführte Bereiche.

  • Regelunterricht: Naturwissenschaften, Umweltbildung, Projekte, Wahl- und Neigungskurse
  • Sozialpädagogische Betreuung im Ganztag und sonderpädagogische Einbindung des Schulvivariums
  • Berufsorientierung (Einbeziehung der Schülerfirma und/oder des Arbeitslehreunterrichts)
  • Unterstützung von Forschungsprojekten einzelner Schülerinnen und Schüler

 

Regelunterricht

Während naturwissenschaftliche Kolleginnen und Kollegen einfache Anküpfungspunkte und Einsatzmöglichkeiten für Tiere im Unterricht finden, werden im Rahmen des Regelunterrichts die Möglichkeiten der Tierhaltung von den meisten Kolleginnen und Kollegen kaum erkannt und genutzt. Hier gilt es, eine grundsätzlich andere Haltung zu fördern, um praktisches Arbeiten im Unterricht mit den Tieren zu ermöglichen.

Als wesentliche Maßnahme sollten schulinterne Fortbildungen durchgeführt werden, in denen Kolleginnen und Kollegen das Schulvivarium sowie den Umgang mit den Tieren kennenlernen. Zur inhaltlichen Unterstützung des Unterrichts gilt es, an den Möglichkeiten des Schulvivariums angepasstes Unterrichtsmaterial zu entwickeln und bereitzustellen. In den Fachschaften muss für den Einsatz der Tiere/Pflanzen geworben werden. Langfristig wäre eine Anpassung des Schulcurriculums wünschenswert, damit bestimmte Themen entsprechend behandelt werden:

Im Regelunterricht:

  • Haustierreferate im Klassenunterricht
  • Nachhaltigkeitsgedanke im Sozial- und Erdkundeunterricht
  • Tiergedichte im Deutschunterricht
  • Tiersteckbriefe im Englischunterricht
  • Recherchieren zu Tieren im PC-Raum
  • Mäusewerkstatt in englischer/französischer Sprache
  • Tierbilder und -skulpturen im Kunstunterricht am lebenden Vorbild
  • Tierische Rekorde im Sportunterricht
  • „Der Mensch vor dem Gericht der Tiere“ im Theaterunterricht
  • u.V.m.

Im naturwissenschaftlichen Unterricht:

  • Kennzeichen des Lebendigen
  • Wirbeltiere im Biologieunterricht
  • Beobachten von Tierverhalten
  • Beobachten von tierischer Fortbewegung („schwimmen, kriechen, fliegen“)
  • Mikroskopieren von Einzellern aus dem Aquarium
  • Ökosysteme und Lebensgemeinschaften im Erdkunde- und Biologieunterricht
  • Natur- und Umweltschutzmaßnahmen
  • Grundlagen der Fotosynthese
  • Entwicklung Wirbelloser Tiere (Schmetterlinge, Grillen, Mehlkäfer)
  • Fotosyntheseexperimente mit (Wasser-)Pflanzen
  • Versuche zur Pflanzenkeimung und zum Pflanzenwachstum (Flaschengärten)
  • u.V.m.

Zur organisatorischen Unterstützung könnte ein Fachraum phasenweise für den Unterricht mit Tieren reserviert werden, so dass beispielsweise Stationen mit Versuchen aufgebaut bleiben und von verschiedenen Klassen genutzt werden.

Sozialpädagogische Betreuung im Ganztag

Als offenes Angebot in der Mittagspause oder im Ganztagsbereich, bildet das Schulvivarium eine attraktive Anlaufstelle für Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen einer Schule.

Dabei muss die Betreuung des Angebotes nicht alleine durch das naturwissenschaftliche Fachkollegium gestaltet werden. Insbesondere Sozial- oder Sonderpädagogen können das Schulvivarium nutzen, um ein sozialtherapeutisches Angebot für die Betreuung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Bedürfnissen oder Problemlagen zu schaffen. Voraussetzung hierfür sind schulinterne Weiterbildungsmaßnahmen im Umgang mit den Tieren sowie Fortbildungen, wie sie z.B. vom Institut für soziales Lernen mit Tieren in Lindwedel angeboten werden.

Nach einer entsprechenden Einweisung der Kolleginnen und Kollegen sollte die Möglichkeit geschaffen werden, während des Unterrichts das Schulvivarium oder den Schulgarten gezielt zu nutzen, um durch praktische Tätigkeit einzelne Schülerinnen und Schüler unter sozialpädagogischen Aspekten zu fördern. Entsprechende Maßnahmen könnten in die Förderplanung aufgenommen werden.

Berufsorientierung/Arbeitslehre

In Absprache mit den Arbeitslehre-Kolleginnen und -Kollegen sowie dem Werkmeister können die Schülerinnen und Schüler verschiedene Verbrauchsmaterialien für Schulvivarium oder Schulgarten planen und bauen: z.B. Mäuse-, Hamster-, Meerschweinchen-, Kaninchenhäuser, Weidentreppen- und Tunnel sowie Holzterrarien oder Aquarienschränke.

Ebenso könnte diese Arbeit von Schülerinnen und Schülern einer Schülerfirma übernommen werden. Die Produkte eignen sich auch zum Verkauf auf Basaren oder zum Vertrieb über das Internet. Außerdem könnte die Schülerfirma T-Shirts, Hemden oder Schürzen mit einem Logo des Schulvivariums herstellen, die von den „Tierpflegerinnen und Tierpflegern“ als Arbeitskleidung genutzt werden.

Schüler aus der Sekundarstufe I, die schon längerfristig im Schulvivarium mitarbeiten, können für Kitas und Nachbarschulen an ausgewählten Tagen/Stunden Führungen durch das Schulvivarium anbieten. Durch entsprechende „Arbeitszeugnisse“ können sie auch bei der Suche nach Praktikumsplätzen bei Tierärzten unterstützt werden. Außerdem können sie jüngere Schülerinnen und Schüler im Schulvivarium anleiten.

Unterstützung von Forschungsprojekten

Mit Beobachtungen und kleineren Versuchen von Schultieren sowie durch Experimente mit Pflanzen können Forscherfragen für die Teilnahme an Jugend forscht im naturwissenschaftlichen Bereich entwickelt werden. Darüber hinaus kann in der Sekundarstufe II das Spektrum in Richtung sozialwissenschaftlicher Fragestellungen erweitert werden, z.B. durch Schülerinnen und Schüler mit den Fächern Geographie, Psychologie oder Pädagogik.

Wahl- und Neigungskurse

Bisher besteht häufig eine gewissen Unsicherheit von Kolleginnen und Kollegen bezüglich der Inhalte eines Wahl- oder Neigungskurses im Bereich Schulvivarium.  Die unterrichteten Inhalte und Aktivitäten bleiben der Kreativität und Erfahrung der Lehrkraft überlassen. Hier ergeben sich Chancen, auch neue Medien stärker mit einzubeziehen, indem die Schülerinnen und Schüler z.B. kleine Filme drehen, Fotostorys entwickeln oder Interviews  machen und entsprechende Ergebnisse z.B. auf der Schulhomepage veröffentlichen. Darüber hinaus lassen sich alle Fragestellungen im Kontext Nachhaltigkeit, Mensch und Umwelt mithilfe der Lebewesen im Schulvivarium erleben und erlernen.

Kooperationen

Über die schulinterne Nutzung des Schulvivariums hinaus sollten Kooperationen nach außen gepflegt werden. Sie können einerseits als Werbung für neue Schülerinnen und Schüler dienen, aber auch Unterstützung für die im Schulvivarium tätigen Kolleginnen und Kollegen sein:

  • Kooperation mit Nachbarschulen und Kitas
    • Führungen
    • Ausleihe von Tieren an Nachbarschulen
    • Schulbesuche mit ausgewählten Schülerinnen und Schülern im Rahmen von Projekttagen in Nachbarschulen
  • Vernetzung mit anderen Schulvivarien und Kollegien
    • Teilnahme an Fortbildungen
    • Austausch von Erfahrungen und Nachzuchten
    • Abgabe/Übernahme von Tieren und Tierhaltungseinrichtungen
  • Kontakte zum Zuständigen Veterinär- und Gesundheitsamt, zu Tierärzten sowie zu zoologischen Einrichtungen in der Umgebung

Autorin: Sabine Marschner, Otto-Hahn-Schule und Netzwerk Schulzoo Hamburg; Redaktion: Fabian Peter Kusterer, Vivarium Hamburg, Stadtteilschule Am Hafen, Stand: 08.10.2024.