Tiergestützte Pädagogik

Der Begriff „Tiergestützte Pädagogik“ leitet sich von dem Konzept der sog. Tiergestützten Therapie ab, die in den 1960er Jahren durch den Kinderpsychotherapeuten Boris M. Levinson erstmals entwickelt und angewendet wurde. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich dieser Ansatz auch in Deutschland verbreitet, wurde auf wissenschaftlicher Basis weiterentwickelt und findet in zahlreichen therapeutischen und pädagogischen Projekten mit Menschen aller Altersgruppen Anwendung.

Im Fokus stehen dabei u. a. die Mensch-Tier-Beziehung sowie bindungstheoretische Aspekte als Basis der tiergestützten Intervention. Lern- und entwicklungspsychologische sowie neurobiologische Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung der tiergestützten Pädagogik (vergl. Vernooij, Monika A.; Silke Schneider: Handbuch der Tiergestützten Intervention, Wiebelheim 2013).

Als wesentliche Aspekte einer tiergestützten Pädagogik im schulischen Rahmen seien genannt:

  • Die Erweiterung der Lern- und Entwicklungschancen im Bereich sozial-kommunikativer, sprachlicher, motorischer wie praktischer Fähigkeiten durch die aktive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen und dem Verhalten der Tiere sowie der Notwendigkeit der Zusammenarbeit in der Gruppe.
  • Die Ganzheitlichkeit des Lernens im Sinne einer Integration von Körper, Geist und Seele: Tiere vermitteln Sicherheit und Geborgenheit, regen die Phantasie an und bereichern die Erlebniswelt. Sie motivieren stark zur Auseinandersetzung, zu Handlung und Bewegung. Sie fördern die Fremd- und Selbstwahrnehmung, helfen Emotionen auszubalancieren und fördern das Selbstvertrauen (vergl. Greiffenhagen, S.: Tiere als Therapie – Neue Wege in Erziehung und Heilung, München 1991)
  • Tiergestützte pädagogische Arbeit kann helfen, den Herausforderungen inklusiven Lernens und Lebens an der Schule adäquat zu begegnen. Sie bietet Möglichkeiten der sonderpädagogischen Förderung einzelner SuS, aber auch die Möglichkeit zur gleichberechtigten Partizipation geistig oder mehrfach behinderter SuS. Tiere können hier eine wichtige Rolle einnehmen, da sie nicht urteilen oder auf Behinderungen ablehnend reagieren. Sie ermöglichen einen realen und authentischen Kontakt und bieten gleichzeitig eine Kommunikation auf der Basis einfacher Interaktionen. Auch Menschen mit eingeschränkten geistigen Fähigkeiten gelingt es in der Regel, diese Interaktionen angemessen zu gestalten und zu verstehen. (vergl. Olbrich, E: Tiere und die Entwicklung kindlicher Kompetenzen, Vortrag von 2002).
  • Nicht zuletzt gibt es Erfahrungen mit der positiven Wirkung tiergestützter Pädagogik auf verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche. Kinder, die über einen längeren Zeitraum Kontakt zu Tieren haben, reagieren weniger aggressiv und sind weniger gewaltbereit (vgl. Ludwig, C.: Kinder brauchen Tiere, Egmont Vgs, 2000).

Diese kurze Darstellung einiger Aspekte eröffnet für die konzeptionelle Weiterentwicklung der Tierhaltung an Schulen, die im Punkt „Pädagogische Handlungsfelder schulischer Tierhaltung“ weiter ausgeführt werden.

Autoren: Sabine Marschner,Otto-Hahn-Schule, Leiterin und Koordinatorin des Netzwerk Schulzoo Hamburg und Fabian Peter Kusterer, Vivarium Hamburg, Stadtteilschule Am Hafen, Stand: 19.01.2024.